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als ich mich entschied, die aktuelle Planetenverbindung von Saturn und Pluto im Zeichen Steinbock zum Themenschwerpunkt dieser Meridian-Ausgabe zu machen, befürchtete ich, dass dies ein dunkles und pessimistisches Heft werden könnte. Bösewicht Saturn, Planet der Hemmung, Begrenzung und Enge, zusammen mit Krisenplanet Pluto, zuständig für Ohnmacht, Gewalt und Schicksalsschläge – was soll da Gutes bei herauskommen? Schreit das nicht förmlich nach Resignation? Musste ich nicht damit rechnen, dass die schreibenden Astrolog*innen vor Kriegen, Tod und Verderben warnen würden? Dass Angst über ihren Prophezeiungen wabern würde? Ich überlegte bereits, wie ich Licht in das Dunkle und etwas Hoffnung in das Heft bringen könnte.
Doch es kam anders als erwartet: Ein überwältigender Anteil der eingereichten Texte, auch jener, die es leider nicht diese Ausgabe geschafft haben, betonten die lichte Seite dieser Konjunktion und benannte, was sich alles Gutes daraus entwickeln kann. Besonders witzig: Die Artikel, in denen lösungsorientierten Chancen genannt wurden, begannen häufig mit dem Hinweis, dass die Pluto-Saturn-Verbindung in der Astroszene zu dunklen Unkenrufen und Angst machender Schwarzmalerei führend würde. Die Kolleg*innen hatten also die gleichen Befürchtungen und Gedanken über die Astroszene wie ich. Doch wenn so viele Astrolog*innen eben nicht kassandrahaft menetekelten, sondern sich auf die entwicklungsorientierten Möglichkeiten konzentrierten – beurteilen wir dann womöglich unser eigenes Tun als zu pessimistisch? Trauen wir uns als Gemeinschaft der Astrologiebetreibenden selbst nicht zu, Positives benennen zu können? Sind die anderen Astrologinnen und Astrologen womöglich gar nicht so sehr am Weltuntergang interessiert, wie wir gemeinhin glauben? Das wäre ein freudiges Ergebnis. Mich jedenfalls hat dies zum Nachdenken gebracht und ich vermute nun, dass die Stärke der Astrologie als ein Instrument der Chancenbenennung an Gewicht zugenommen hat. Offenbar ist der Blick der Astroszene gar nicht so auf Katastrophen ausgerichtet wie ihr bisweilen zugeschrieben wird.
Die Aussicht darauf, dass wir Menschen gemeinsam etwas Gutes schaffen, ist zudem nicht so ungewöhnlich, wie wir manchmal meinen. Es entspricht auch der Natur. Frans de Waal, niederländischer Zoologe und Verhaltensforscher, hat über viele Jahre erforscht, wie Empathie, gegenseitige Rücksichtnahme und Hilfe wesentliche Bestandteile der Evolution sind und das Überleben einer Spezies sichern. Sein Buch "Der Mensch, der Bonobo und die zehn Gebote" (Klett Cotta Verlag, 2015, ISBN 978-3-608-98045-5) kann ich Ihnen ans Herz legen, wenn Sie erfahren möchten, wie quer durch alle Tierarten hinweg Optimismus und Gemeinschaft gegenüber Pessimismus und Abgrenzung siegen. An vielen Beispielen nicht nur bei Säugetieren führt de Waal, der 2007 vom Time-Magazin zu einem der einflussreichsten Menschen des Jahres gewählt wurde, vor, wie Miteinander arterhaltend ist und dass Tiere, die einander beistehen, stärker und widerstandsfähiger bleiben. Dass wir Menschen ebenfalls eine Tierart sind, sollten wir dabei nicht vergessen.
Wenn wir uns in der Astrologie auf jene stärkenden Kräfte konzentrieren, tragen wir vermutlich auch zu mehr Stabilität und Mitmenschlichkeit bei. Astrologie war für mich schon immer ein Weg zu mehr Verständnis füreinander; teilen wir schließlich alle die gleichen Horoskopbausteine. Zwar mag der Mars in meinem Horoskop in einem anderen Zeichen stehen als in dem meines Gegenübers, aber wir teilen beide Mars-Erfahrungen und auch sein Mars-Zeichen ist irgendwo in meinem Horoskop enthalten. Das Verbindende zu suchen anstelle des Trennenden, hilft sicherlich auch unserer Spezies beim Überleben in schwierigen Zeiten.
Herzlich,
Holger A. L. Faß