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um den aus England kommenden Fußballsport in Deutschland populär zu machen, wurde er vor knapp hundert Jahren als »Krieg im Frieden« gepriesen. Heute ist Fußball die weltweit am meisten betriebene Sportart und zugleich ein Mythos, der Milliarden Zuschauer in Bann zieht.
Für Umberto Eco ist Fußball »einer der am weitesten verbreiteten Aberglauben unserer Zeit. Er ist das wirkliche Opium des Volkes« und Luisa Francia schreibt in ihrem Buch »Ballzauber – Die Magie des Fußballs«: »Fußball ist ein Männerkult, die Magie der Männer, Einweihung in die männliche Kraft, in Kampf, Konkurrenz, Sieg. (...) Fußball illustriert die einzige gemeinsame Aufgabe aller männlichen Erdbewohner: befruchten. Bring ihn rein. Irgendwie. Überwinde die Abwehr. Kämpf dich durch, sei schnell und geschickt. Die Evolution verlangt den Befruchtern alles ab.«
König Fußball scheint ganz offensichtlich von Mars regiert zu werden, während Pluto im Hintergrund die Fäden zieht. Pluto zeigt sich in den rituellen, magischen Beschwörungen auf dem Fußballplatz, in den Kämpfen, Betrügereien und Skandalen hinter den Verbands- und Vereinskulissen, in den Milliardenbeträgen, die dieser Sport verschlingt, sowie im Sog, den er auf die Massen in den Stadien und hinter den Fernsehbildschirmen ausübt. Pluto sorgt für die Magie, die aus gewöhnlichen Balltretern den Göttern ähnliche Helden macht, die den heiligen Gral zu erringen suchen. Durch ihn wird Fußball zur Katharsis, zur Freisetzung gewaltiger kollektiver Emotionen, nachdem die Tore gefallen sind und das Spiel entschieden ist.
Im Fußball kann die rohe, ungebändigte Kraft des Mars ausgelebt und auf ein einziges Ziel konzentriert werden: die Quadratur des Kreises, getreu dem Motto: »Das Runde muss ins Eckige.« Und was wäre Fußball ohne die neptunische Sehnsucht nach Erlösung und Verschmelzung, von Fernsehbildern vermittelt, die bis in den letzten Winkel der Erde durchdringen?
Im Fußball ist alles möglich und ein Spiel ist erst nach dem Schlusspfiff entschieden. Beim Versuch, den Verlauf eines WM–Fußballturniers sicher vorherzusagen, scheitern nicht nur Astrologen. Offensichtlich hat es der Fußball besonders leicht, die deterministische, prognostische Astrologie in ihre Schranken zu verweisen.
Im ewigen Spiel zwischen Freiheit und Schicksal, zwischen Zufall und Determination spiegeln sich nicht nur beim Fußball die Wechselfälle des Lebens wider. Kaum liegt das Ergebnisoffene allen Daseins in Führung, schießt die Macht des Schicksals den Ausgleichstreffer. Dennoch liegt es meiner Überzeugung nach an uns, ob wir letztendlich dem freien Willen oder dem Schicksal den Sieg überlassen. Oder wäre Ihnen ein Unentschieden lieber?
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre,