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Zu den unvergesslichen Momenten meines Astrologendaseins gehört die Verblüffung, die ich erlebte, als ich zum ersten Mal ein handgezeichnetes Horoskop unseres Altmeisters Thomas Ring in den Händen hielt. Etwas irritiert registrierte mein analytischer Jungfrau-Aszendent, dass die Symbole und Gradzahlen der Planeten und Hausspitzen eher klein geraten waren und der übliche Kreis der 12 Tierkreiszeichen gar völlig fehlte. Stattdessen dominierte ein schönes, abstrakt anmutendes Gebilde aus vorwiegend blauen und roten Linien das Bild und erfreute sowohl mein Auge als auch meinen Neptun im 3. Haus. Seit diesem Augenblick weiß ich, dass nicht nur das Deuten von Horoskopen eine Kunst sein kann, sondern auch das Zeichnen.
Jahrelang habe ich daraufhin die von mir erstellten Horoskope per Hand gezeichnet, ausgestattet mit einem Satz Buntstifte und der dafür erforderlichen Zeit und Muße. Mittlerweile schätze ich die Möglichkeiten moderner Astrologie-Software, auch was die grafische Gestaltung von Horoskopzeichnungen anbetrifft, und male nur noch selten ein Horoskop von Hand. Was mir jedoch aus der »Malphase« erhalten geblieben ist, das ist die Freude an den Aspektfiguren und der sich daraus ergebenden »Gestalt«.
Damit bin ich keineswegs alleine, im Gegenteil, viele, vor allem schöpferisch und künstlerisch veranlagte Astrologen betreiben bei der Deutung des Aspektgefüges eine Art von »Gestalt«-Astrologie. Mit am differenziertesten ausgearbeitet wurde dieser Ansatz in Europa wohl von der Huber-Schule in der Schweiz. So ist es auch keine Überraschung, dass deren Ansatz zur Aspektbilddeutung im Zentrum der Beiträge zum Themenschwerpunkt dieser Ausgabe stehen.
Es ist nicht jedem Astrologen gleichermaßen gegeben, anhand von blau-grün-roten Strichfiguren und Begriffen wie »Pulsar«, »Auge«, »Yod«, »Talent-« oder »Substanzdreieck« zu plausiblen Deutungen zu gelangen, und manch einer wird sich fragen: »Ja und wo bleiben die Zeichen und Planeten?« Zweifellos ein berechtigter Einwand, und dennoch hat die Deutung von Aspektfiguren einen besonderen Reiz, vor allem für all jene, deren künstlerisch-bildhafte Ader auch bei der Astrologie zum Zuge kommen möchte.
Aus drucktechnischen Gründen ist unser Heft zwar nicht ganz so farbig, wie es das Thema eigentlich erfordert, doch ich habe mir schon ein paar Buntstifte von meiner kleinen Tochter geborgt und werde zusammen mit ihr kräftig in diesem Heft herummalen. Große Kunst sieht wahrscheinlich anders aus, doch es macht Freude und lässt viel Raum zum Deuten.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.